Verbandsforderungen torpedieren Jugendarbeit im Weddinger Wasserball-Kiez

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Verbandsforderungen torpedieren Jugendarbeit im Weddinger Wasserball-Kiez

Der SC Wedding spielt seit mehr als zehn Jahren im Oberhaus des deutschen Wasserballs, der Deutschen Wasserball Liga (DWL). Jetzt steht der Berliner Kiezclub kurz davor, seine Teilnahme an der Liga in der Saison 2018/19 abzusagen. Grund dafür sind finanzielle und personelle Forderungen des Deutschen Schwimmverbands, die der vom Ehrenamt getragene Verein nicht mehr tragen kann.

Wenn es um den Wasserballsport in Deutschland geht, dann ist der SC Wedding ein Phänomen. Der Verein gehört seit Jahren zu den zwölf besten Mannschaften Deutschlands. Professionelle Strukturen gibt es in dem Kiezclub im Norden Berlins aber kaum. „Die sind im Wasserballsport sehr selten“, sagt Sören Mackeben. „Die Leistungen basieren auf der Arbeit von vielen Ehrenamtlern und dem Engagement von Freizeitspitzensportlern.“

Der ehemalige Kapitän der Nationalmannschaft trainierte den SC Wedding in den vergangenen drei Spielzeiten. Unter seiner Regie startete der Verein auch eine neue Jugendoffensive, warb Unter-Zwölfjährige für den Wasserballsport im Kiez an und startete eine Wasserball-Arbeitsgemeinschaft an zwei Weddinger Grundschulen. „Das sind in zwei Jahren über 50 Kinder, die mit dem Sport in Kontakt kommen“, ordnet Mackeben ein. „Für einen Sport mit wenigen Tausend lizenzierten Sportlern und Sportlerinnen in Deutschland ist das nicht zu verachten.“

Im kommenden Jahr wird der SCW – wie ihn Kenner der Szene gerne nennen – wohl erstmals seit mehreren Jahren wieder drei Jugendmannschaften in den Altersklassen U10, U12 und U14 anmelden können. Das Problem: Der Deutsche Schwimmverband (DSV) fordert von Teams in der Bundesliga die Aufstellung von drei Jugendteams in höheren Altersklassen. Pro fehlender Jugendmannschaft wird eine Strafe von 5.000 Euro fällig. Weitere Pönalen gibt der Verband für fehlende A-Lizenzen bei Trainern, für fehlendes Live-Streaming der Ligaspiele oder beispielsweise für Schwimmbecken, die nicht einer bestimmten Norm entsprechen. Summiert könnten für den kleinen Verein von der Spree für die letzten und die nächsten Spielzeiten deutlich über 10.000 Euro an Strafen zustande kommen.

Der SC Wedding wird daher wohl seine Teilnahme für die nächste DWL-Saison absagen. „Das Problem ist, dass der Verband von den Vereinen eine Professionalisierung fordert, die er selbst nicht vorlebt und die auch nicht den Realitäten der Vereine entspricht“, kritisiert Sören Mackeben. „Die meisten Forderungen sind für uns und viele andere Vereine schlicht nicht umsetzbar.“ Ein Beispiel: Seit dem vergangenen Jahr hat der DSV die Vereine dazu angehalten, ihre Heimspiele per Livestream zu übertragen. Kostenpunkt: Mehr als 2.000 Euro. Die finanziellen und persönlichen Ressourcen für regelmäßige Streams mit Kommentator brachte mit dem SV Ludwigsburg gerade mal ein einziger Verein in der Liga auf. Für die Hochphase der Saison wurde dieser dann wegen eines zu kleinen Beckens gezwungen, die Spielstätte zu wechseln. Dass der Livestream damit ins Wasser fiel, spielte für die Verantwortlichen der Liga keine Rolle.

Ein anderes Beispiel: Die Trainer der Bundesligavereine müssen laut Regularien des DSV eine gültige A-Lizenz besitzen. Das ist die höchste Lizenzstufe, die ein Trainer in einem Sport erreichen kann. Liegt die Lizenz nicht vor, kann das den Verein bis zu 2.000 Euro im Jahr kosten. Das ist in zweierlei Hinsicht problematisch: Erstens, der A-Lizenz-Lehrgang bedeutet für die in der Regel ehrenamtlich agierenden Trainer einen großen Zeitaufwand. Zweitens, die A-Lizenz-Lehrgänge werden nur sehr selten überhaupt angeboten.

Dass der DSV nun die Jugendoffensive beim SC Wedding mit saftigen Strafzahlungen torpedieren könnte, reiht sich in diese Folge von sportpolitischen Schieflagen musterhaft ein. Sören Mackeben hat daher in einem offenen Brief an die Wasserballwarte der Bundesländer dazu aufgerufen, die Verbandspolitik wieder mehr an die Realitäten der Wasserballvereine anzugleichen. „Vertraut Euren Vereinen! Sie können es immer ganz sicher besser als dieser Verband!“, heißt es in dem Schreiben. Angesichts der aktuellen Lage im deutschen Wasserballsport eine nachvollziehbare Aussage.