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17. Juni 2018
Sicherer 11:4 (1:1, 3:1, 4:0, 3:2) Heimsieg gegen Dresden
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Jupp Heynckes und der Wasserball

Pro Recco bleibt auch ohne Titelgewinn das „Real Madrid“ des Wasserballs: Sechs Tage nach dem erneut verpassten Champions League-Titel und der am Dienstag in wenig mehr als zwei Sätzen bekanntgegebenen Trennung von Cheftrainer Vladimir Vujasinovic (44) haben die Norditaliener keinen Geringeren als Kroatiens Trainergiganten Ratko Rudic (70) aus dem Ruhestand geholt und am Freitag als neuen Chef am Beckenrand bekanntgegeben – der viermalige Olympiasieger mit drei verschiedenen Nationalmannschaften (zuletzt 2012 mit Kroatien) kehrt in Jupp-Heynckes-Manier an den Beckenrand zurück …

Die gerade einmal zweite Niederlage im 50. Saisonspiel war für Recco bereits zu viel: Zwar holte Vujasinovic wie schon 2017 Meisterschaft wie auch Pokaltitel, doch in der Champions League entglitt dem ambitionierten Klub aus der Nähe Genuas trotz des Heimvorteils nach der 7:9-Finalniederlage gegen Olympiakos Piräus (Griechenland) zum dritten Mal in Folge die Krone des europäischen Vereinswasserballs. Vergangenes Jahr hatte es im ungarischen Budapest Vujasinovic und Co. bereits im Halbfinale gegen Jug Dubrovnik (Kroatien) erwischt; 2016 war an gleicher Stelle unter dem damaligen Trainer Amadeo Pomilio ebenfalls gegen Dubrovnik im Halbfinale Endstation gewesen.

Nach dem Recco-Debakel im eigenen Bad hatte sich zwischenzeitlich das Medienkarussell kräftig gedreht, wie man es nur beim Fußball kennt: Fachportale wie auch Italiens nationale Medien hatten über einen vorzeitigen Vujasinovic-Abschied ebenso wie über einen möglichen Nachfolger spekuliert und (gefühlt) fast jeden großen Namen der Trainergilde ins Gespräch gebracht. Als erster unter den heißen Kandidaten mit dem nicht ganz einfachen Anforderungsprofil (internationale Klasse, Italienisch-Kenntnisse und gekonnter Umgang mit Diven der Sportart) wurde Italiens aktueller Nationaltrainer Alessandro Campagna (54), der nicht nur als einer Besten seines Faches gilt, sondern auch die besagten Qualitäten als „Löwendompteur“ besitzt. In der Diskussion befand sich der frühere Nationalspieler Alberto Angelini, der den italienischen Erstligisten RN Savona betreut.

Beinahe zeitgleich wurde wenig überraschend auch Ratko Rudic genannt, der in der Öffentlichkeit („ich bin nur ein Renter“) zunächst noch kein Interesse zeigte. Nächster Name auf der Liste war mit Alessandro Bovo (49) der Trainer des italienischen Vizemeisters AN Brescia, der in nationalen Gefilden schon seit Jahren als einziger ernsthafter Rivale für Reccos Starensemble verblieben ist. Der gebürtige Genuese ist allerdings schon seit 2008 in der Lombardei tätig, führte den erst 1973 gegründeten Klub im langen Schatten des seit 2006 erfolgreichen Serienmeisters immerhin 2016 zum Euro Cup-Gewinn wie auch der Champions League-Endrunde 2017 und 2018 und weiß vermutlich auch das etwas entspanntere Umfeld in Brescia zu schätzen – Medienberichten zufolge soll er „dankend abgelehnt haben“.

Bovo war übrigens wie Campagna 1992 als Spieler unter Rudic mit Italien Olympiasieger: So klein kann die Spitze selbst einer olympischen Sportart sein, und am Ende landete der Kelch tatsächlich wieder bei dem Kroaten, der als „Altersprojekt“ (und zum Staunen der Fachwelt) zuletzt 2016 Brasiliens Wasserballer unter die besten Acht der Olympischen Spiele geführt hatte. Rudic nahm nun tatsächlich die finanziell mit Sicherheit nicht unlukrative Offerte an: „Es war nicht schwierig zu akzeptieren: In Recco gibt es ein Projekt, das mich stimuliert und große Energie verleiht“, wird der Kroate zitiert.

Doch auch Rudic könnten neue Erfahrungen warten: Die äußeren Bedingungen sind in der Tat wie bei keinem anderen Wasserballklub auf der Welt derart gut, die Erwartungen an einen Trainer allerdings auch nirgendwo derart hoch. Nach zuletzt drei verpassten Champions League-Titeln in Serie, nach aktuellen Recco-Maßstäben eine gefühlte Ewigkeit, ist das Nervenkostüm bei dem Traditionsverein angespannt wie noch nie. Auch bei milliardenschweren Öl-Multi Gabriele Volpi, seit langen Jahren der Mäzen des italienischen Rekordmeisters, dürfte der Sanftmut inzwischen gelitten haben.

Ratko Rudic gilt jedoch ebenfalls als ein Mann mit Kanten (was das Szenario noch interessanter macht) wie auch mit hohen Ansprüchen an sich selbst und die Spieler: „Wenn ich ein Team übernehme, möchte ich es auch zum Sieg führen“, lautet die Kampfansage des Kroaten, der allerdings erstmals in seiner bis 1981 zurückreichenden Trainerlaufbahn erstmals ein Vereinsteam übernehmen wird. In jedem Fall dürfte das im kommenden Jahr in Hannover stattfindende „Final Eight“ in Hannover eine weitere Zuspitzung erfahren – aus Sicht der Sportart medial vielleicht gar nicht einmal schlecht. Doch was passiert, wenn selbst Rudic scheitert?