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Marco Polo ist zurück

Randsportart hier, Nationalsport dort: Deutschlands Wasserballfans kommen sich alle zwei Jahre auf den Europameisterschaften wie einst der venezianische Forschungsreisende Marco Polo vor, der nach seiner Rückkehr mit kaum glaublichen Berichten über seine Erlebnisse aufwartete. Bei den diesjährigen Titelkämpfen in Budapest sorgten die Macher aus dem Lande des Rekordolympiasiegers Ungarn für ein Eventerlebnis, das partiell sogar die parallel laufende Handball-Europameisterschaft übertrumpfte und in Deutschland kaum möglich erscheint.

Ungarns Hauptstadt sorgte in der Tat einmal mehr für eine regelrechte Nabelschau der Sportart: Lichteffekte, LED-Banden, blaue Verkleidungen und ein Videowürfel direkt über dem Becken hatten die Duna Aréna, mit 5.300 Plätzen eine der größten Sportschwimmhallen Europas, in ein regelrechtes Popkonzert-Ambiente gehüllt. „Die Atmosphäre war einfach der Wahnsinn“, war die Borghorsterin Fabienne Heerdt als EM-Neuling begeistert. „Man merkt, dass der Sport einen sehr hohen Stellenwert im Land hat“, sagte Mannschaftskamerad Timo van der Bosch, der auf seine vierte EM-Teilnahme seit 2014 zurückblicken kann.

Während die Veranstaltung im Umfeld die Messlatte noch weiter nach oben gesetzt hat, kämpfen Deutschlands Wasserballer derweil sportlich um den Anschluss. Die Männermannschaft wiederholte nur mit Mühe ihren neunten Platz von 2018 und wird wahrscheinlich noch als Nachrücker zum Olympiaqualifikationsturnier in Rotterdam (22. bis 29. März) reisen. Die vor zwei Jahren noch siebtplatzierten Frauen rutschen gar auf Rang elf ab und sind bei der Tokio-Qualifikation wohl nur noch Zuschauer.

Gespannt sind die Beobachter, ob sich mit einem verbesserten Umfeld in Zukunft im Frauenbereich wieder mehr erreichen lässt und vielleicht sogar auch ein Angriff auf die Olympischen Spiele 2028 möglich ist. Fabienne Heerdt konnte in Budapest feststellen, was die Topnationen derzeit leisten: „Mit Mannschaften wie Spanien oder Holland können uns derzeit nicht vergleichen. Aber wer weiß, was mit der richtigen Unterstützung und Förderung in der Zukunft alles möglich sein wird“, sagte die 22-Jährige, die beim heimischen SV Olympia Borghorst (SVO) die Sportart erlernt hat.

In den kommenden zwei Monaten wird das Qualifikationsturnier der Männer alle Aufmerksamkeit auf sich ziehen, doch die Eventisierung der Sportart wird weitergehen: Zwar finden die Europameisterschaften im nichtolympischen Jahr 2022 dann wieder während des Sommers statt, doch im kroatischen Split werden die Organisatoren in einer Multifunktionshalle ein temporäres Becken mit Wasserballmaßen errichten. „Das ist ungefähr so, als wenn in der Halle Münsterland oder der KöPi-Arena Oberhausen Wasserball gespielt werden würde“, präsentiert der frühere SVO-Wasserballwart Matthias Beckonert einen regionalen Vergleich.

Für Fabienne Heerdt geht es nach zwei Wochen der „Wasserball-Wunder“ am kommenden Wochenende mit ihrem Vereinsteam vom SV Nikar Heidelberg mit Bundesliga-Spielen in Hamburg und Berlin weiter: „Vielleicht kommen dort ja auch 100 Zuschauer“, ist wieder Ligaalltag angesagt. Oder anders ausgedrückt: Marco Polo ist in die Heimat zurückgekehrt.

Von Wolfgang Philipps